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Mobile Arbeit im Ausland

Schwierig, aber nicht unmöglich

Durch die Corona-Pandemie ist mobile Arbeit für viele Arbeitnehmer zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Mobile Arbeit aus dem Ausland ist hingegen noch keine Selbstverständlichkeit. Hier gibt es viele Hindernisse zu überwinden. Eine Vielzahl rechtlicher Fragen aus unterschiedlichen Rechtsgebieten gilt es zu klären. Dennoch besteht die Aussicht, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich einig sind, ist in den meisten Fällen mobiles Arbeiten aus dem Ausland möglich.

Während der Corona Pandemie ist für viele Arbeitnehmer die mobile Arbeit zu etwas Selbstverständlichem geworden. Dennoch bedeutet mobiles Arbeiten nicht sofort, das Arbeiten an jedem Ort möglich geworden ist. Spätestens an den Landesgrenzen gibt es oft Probleme. Es gibt viele Gründe warum Beschäftigte mobil aus dem Ausland arbeiten wollen oder müssen. Ihnen allen aber ist immer gleich: Es müssen viele rechtliche Hürden vorher genommen werden, bis dies möglich wird.

Aufenthaltsrecht

Aufenthaltsrechte im Ausland ausloten

Wenn ein Auslandsaufenthalt zur Arbeit genutzt werden soll, braucht man dafür entsprechende Aufenthaltsrechte. Wenn man als Tourist in ein Land einreist, darf man dort nicht arbeiten. So beinhaltet bspw. ein Businessvisum je nach Land eine unterschiedlich weite Berechtigung zum Arbeiten. Manche Länder wollen ausnahmslos eine Arbeitserlaubnis.
Am weitesten geht mobiles Arbeiten für einen deutschen Staatsbürger in der EU. Hier gilt für alle EU-Bürger das Privileg der Freizügigkeit, das heißt sie können in jedem Mitgliedstaat reisen und dort arbeiten. Hier gibt es sogar schon rechtliche Regelungen, wie die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments, der sogenannten Entsenderichtlinie, welche das Arbeiten im EU-Ausland regeln. Auch mobile Arbeit in einem anderen Mitgliedstaat der EU ist somit für deutsche Staatsbürger grundsätzlich möglich. Problematisch wird es hier nur, wenn die Arbeit im Ausland die Dauer von 3 Monaten übersteigt, aber dazu später mehr. Zunächst kann festgehalten werden, dass im Vergleich zur mobilen Arbeit aus einem Drittstaat das mobile Arbeiten im EU-Ausland relativ unproblematisch ist.

In Drittstaaten, wie zum Beispiel den USA oder nach dem Brexit dem Vereinigte Königreich, benötigen deutsche Staatsbürger entsprechende Aufenthaltsrechte und Arbeitserlaubnisse. Nur dann dürfen sie dort einer Erwerbstätigkeit, auch der mobilen Arbeit, nachgehen. Hier muss im Einzelfall immer überprüft werden, welcher Aufenthaltstitel mit welchen Arbeitsberechtigungen erworben werden muss, damit man in dem jeweiligen Land überhaupt arbeiten darf.

Zusatzvereinbarung eventuell notwendig, auf jeden Fall ratsam

Egal ob Drittstaat oder EU-Ausland, es ist ratsam, die wesentlichen Bedingungen, welche für die mobile Tätigkeit im Ausland gelten, im Arbeitsvertrag per Zusatzvereinbarung festzuhalten. Soll die Tätigkeit länger als vier aufeinanderfolgende Wochen im Ausland ausgeübt werden, so schreibt § 2 Abs. 2 NachwG eine Niederschrift sogar ausdrücklich vor:

• das Land oder die Länder in denen der Arbeitnehmer eigesetzt wird
• die geplante Dauer des Einsatzes
• die Währung, in welche die Entlohnung erfolgen soll
• falls vereinbart, die zusätzlichen Vergütungsleistungen
• ein Vermerk, ob eine Rückkehr vorgesehen ist und wie deren Bedingungen aussehen

Fällt der Auslandsaufenthalt in den Anwendungsbereich der Entsenderichtlinie, müssen noch weitere Angaben in der Niederschrift festgehalten werden. So muss dokumentiert werden, auf welche Entlohnung der Arbeitnehmer im Einsatzland einen Anspruch hat. Außerdem gehört dann verpflichtend zu der Niederschrift ein Link zur offiziellen nationalen Informationswebseite, welche der jeweilige Mitgliedstaat betreibt, in den die Entsendung stattfindet.
Generell bietet es sich an, diese verpflichtende Niederschrift als Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag in Schriftform vorzunehmen.

Arbeitsrecht

Vorsicht bei den unterschiedlichen Rechtsräumen

Bei Abschluss einer solchen Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag stellt sich natürlich die Frage, welches Arbeitsrecht Anwendung findet. Normalerweise wird bei einem Arbeitsverhältnis das Arbeitsrecht angewendet, das an dem gewöhnlichen Arbeitsort des Mitarbeiters gilt.

Dieser gewöhnliche Arbeitsort ist in der Regel der Ort, an dem Arbeitnehmer über die Hälfte ihrer (jährlichen) Arbeitszeit tätig sind.
Jedoch kennen auch nahezu alle Staaten auf der Welt eigene Schutzvorschriften für Arbeitnehmer, welche eventuell zusätzlich eingehalten werden müssen. Da dies auch auf Nicht-EU-Mitgliedsstaaten zutrifft, sollte vor einem Arbeitsaufenthalt in solchen Staaten immer das dortige Arbeitsschutzniveau in den Blick genommen werden. Um böse Überraschungen zu vermeiden, sollte immer überprüft werden, welche Regeln dort zwingend zu berücksichtigen sind. In Mitgliedsstaaten der EU ist es wieder etwas einfacher. Hier wurde dieser Sachverhalt in der Rom I-Verordnung von 2008 geregelt.

In Europa ist das Arbeitsrecht geregelt

Dort schreibt Art. 8 Rom I vor, dass bei Arbeitsverträgen das Arbeitsrecht des Staates angewendet wird, in welchem der Arbeitnehmer seinen gewöhnlichen Arbeitsort hat. Sollte der gewöhnliche Arbeitsort nicht geklärt werden können, gibt es mehrere Möglichkeiten. Zum einen kann das Recht des Staates, in dem sich die Niederlassung befindet, die den Arbeitnehmer eingestellt hat, angewendet werden. Oder im Fall, dass der Arbeitsvertrag eine enge Verbindung zu einem anderen Mitgliedsstaat aufweist, kann dessen Recht angewendet werden. Schließlich ist gemäß dem Prinzip der Vertragsfreiheit von Arbeitgeber und Arbeitnehmer ebenfalls eine Rechtswahl möglich.
Solch eine Rechtswahlklausel wäre dann auch grundsätzlich vorrangig. Jedoch schreibt Art. 8 Abs. 1 Rom I auch vor, dass solch eine Klausel auf keinen Fall zu einer Schlechterstellung des Arbeitnehmers führen darf. So darf das Arbeitsschutzniveau von Arbeitnehmern, die dauerhaft in einem anderen EU-Staat arbeiten, nicht unter das des Aufenthaltsstaates sinken. Dies kann der Fall sein, wenn das Arbeitsrecht, in dem die Vereinbarung abgeschlossen ist, nicht deckungsgleich mit dem Arbeitsrecht des gewöhnlichen Arbeitsortes ist.
Die Regelungen innerhalb der EU sind aufgrund der europäischen Richtlinien sehr ähnlich. Es gibt aber immer unterschiedliche Detailregelungen, die durchaus zwingend sein können. So sind die einzelnen Länder frei, die Form der seit 2019 EU-weit zwingenden Arbeitszeiterfassung zu bestimmen. Vorab muss deshalb auch bei einer Arbeitsaufnahme innerhalb der EU geprüft werden, welche Regeln nach dem lokalen ausländischen Recht zwingend sind. Damit Arbeitnehmer und Arbeitgeber den rechtlichen Rahmen bewusst zur Kenntnis nehmen, sollten die zwingenden lokalen Regeln ausnahmslos in die Ergänzung des deutschen Arbeitsvertrages mit aufgenommen werden.
Stets geht es also nicht nur darum, abstrakt die Erlaubnis zu einer Arbeitsaufnahme in dem jeweiligen ausländischen Staat einzuholen, sondern sich vorab über die zwingenden Regeln zu informieren, die auch bei einer ausländischen Tätigkeit für einen deutschen Arbeitgeber zu berücksichtigen sind.

Sozialversicherung

Auch die Sozialversicherung will geklärt sein

Im Bereich der Sozialversicherung drohen Probleme wie eine unnötige Doppelversicherung oder gar ein fehlender Versicherungsschutz. Um solche Probleme zu vermeiden, sollte man sich vorher informieren. So hat Deutschland außerhalb der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) sowie der Schweiz eine Reihe von Sozialversicherungsabkommen mit anderen Staaten abgeschlossen. Eine Übersicht dieser Abkommen kann online beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales eingesehen werden. Ist ein Arbeitsaufenthalt in einem Staat ohne ein derartiges Abkommen geplant, so sollte man sich auf jeden Fall vorab über die jeweilige Rechtslage informieren.

In der EU ist das Beschäftigungsland entscheidend

Innerhalb der EU, des EWR sowie der Schweiz ist die sozialversicherungsrechtliche Regelung bei Arbeit im Ausland vereinheitlicht. Maßgeblich ist hier die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 der Europäischen Union von 2004. Diese legt fest: Arbeitnehmer sind in dem Mitgliedsstaat, in welchem sie tatsächlich ihre Tätigkeit ausüben, sozialversicherungspflichtig.
Sollte jedoch ein Arbeitnehmer nun vorübergehend von seinem Arbeitgeber zur Arbeit in die Schweiz oder das EU- oder EWR-Ausland entsandt werden, so sieht Art. 12 VO (EG) 883/04 eine Ausnahme vor. Bei einer Entsendung von bis zu 24 Monate ändert sich die Sozialversicherungspflicht nicht. Jedoch greift diese Ausnahme nicht bei Auslandseinsätzen – auch zum mobilen Arbeiten – die auf Wunsch des Arbeitnehmers zustande kommen. Wenn vorrangig aus privaten Gründen und nicht auf Anordnung des Arbeitgebers im Ausland gearbeitet wird, liegt keine Entsendung vor!

1. Praktischer Fall: Die 30-jährige Ingenieurin I macht drei Wochen Urlaub in Spanien und arbeitet alle zwei Tage weisungsgemäß jeweils eine Stunde die nötigsten E-Mails ab. Sie verliebt sich und will zunächst sechs Monate in Spanien bleiben und dafür dann ihre 35 Stunden in der Woche mobil arbeiten. Ohne wirksame Entsendungsvereinbarung gilt spanisches Recht.

2. Praktischer Fall: Der 30-jährige Programmierer P macht 3 Wochen Heimaturlaub bei seinen Eltern in Italien. Er arbeitet alle zwei Tage weisungsgemäß jeweils eine Stunde die nötigsten E-Mails ab. Seine Eltern erleiden bei einem Verkehrsunfall schwere Verletzungen und bedürfen mindestens für die nächsten Monate seiner Unterstützung. P möchte zunächst sechs Monate in Italien bleiben und dafür dann seine 35 Stunden in der Woche mobil arbeiten. Ohne wirksame Entsendungsvereinbarung mit dem Arbeitgeber gilt italienisches Recht.

Im Fall der dauerhaften Ausübung einer Beschäftigung in zwei oder mehr Mitgliedsstaaten fragt Art. 13 VO (EG) 883/04 wieder nach dem Ort, an dem der wesentliche Teil der Tätigkeit ausgeübt wird. Wird ein wesentlicher Teil der Tätigkeit des Arbeitnehmers im Wohnmitgliedsstaat ausgeübt oder ist der Arbeitnehmer bei verschiedenen Arbeitgebern mit Sitz in verschiedenen Mitgliedsstaaten beschäftigt, so ist der Arbeitnehmer im Sozialversicherungssystem des Wohnmitgliedsstaat versicherungspflichtig. Übt ein Arbeitnehmer nur einen unwesentlichen Teil seiner Tätigkeit in seinem Wohnmitgliedsstaat aus, so ist er in dem Staat, in welchem sein Arbeitgeber seinen Unternehmenssitz hat, sozialversicherungspflichtig.

Steuerrecht

Fast immer eine ausführliche Prüfung des Einzelfalls nötig

Auch im Steuerrecht ist die Frage nach dem Tätigkeitsort von entscheidender Bedeutung. In Deutschland ist ein Arbeitnehmer gemäß § 1 Abs. 1 EStG nicht mehr einkommenssteuerpflichtig, wenn sein Wohnsitz oder der Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts nicht mehr in Deutschland liegt. In § 9 AO wird der gewöhnliche Aufenthalt als ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer definiert. Wobei kurzfristige Unterbrechungen unberücksichtigt bleiben.

Grundsätzlich müssen im Steuerrecht immer die Regelungen sowohl des Landes, in dem der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz hat, als auch die des Landes, in dem der Arbeitsaufenthalt stattfindet, beachtet werden. Falls zwischen den beiden Ländern ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, so ist jenes natürlich auch zu beachten. Häufig stehen bei einem bestehenden Doppelsteuerabkommen bei nichtselbständiger Beschäftigung die Lohnsteuern dem Staat zu, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird.

In der EU wird es wieder etwas einfacher, hier ist schon meistens durch bilaterale Doppelbesteuerungsabkommen geregelt, dass Arbeitnehmer nur im Land, in dem sie ihren Wohnsitz haben, steuerpflichtig sind.
Falls es noch kein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen dem Aufenthaltsstaat und Deutschland gibt, so kann unter Umständen nach § 34c EStG die ausländische Steuer mit der deutschen Steuerlast verrechnet werden. Generell gilt aber – wie bei allen hier genannten Punkten – man muss sich immer im Einzelfall informieren und am besten von einem Experten beraten lassen. Wichtig ist vor allem abzuklären, ob ein Doppelsteuerabkommen vorliegt und was dieses vorsieht. Das Bundesfinanzministeriums bietet hierzu auf seiner Webseite eine Übersicht der Staaten, mit denen Deutschland ein bilaterales Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat.

Datenschutz

Die DSGVO ist auch im Ausland von Relevanz

Ein weiteres Hindernis für mobiles Arbeiten aus dem Ausland kann unter Umständen der Datenschutz sein. Denn egal wo die mobile Arbeit für einen deutschen Arbeitgeber erbracht wird, immer sind auch die Regelungen und Vorgaben der DSGVO zu beachten. So muss auch bei mobiler Arbeit im Ausland gewährleistet sein, dass Daten und Unterlagen vor der Einsichtnahme durch Dritte geschützt sind. Hier kann es je nach Aufenthaltsland eventuell zu Problemen oder Einschränkungen kommen. In der Regel unproblematisch ist ein Aufenthalt in Ländern, in denen die DSGVO gilt, also in der EU und dem EWR, sowie in Ländern mit einem Angemessenheitsbeschluss nach Art. 45 DSGVO.

Einzelfallprüfung immer erforderlich

Trotz all den hier angeschnittenen Rechtsfragen ist vor allem eines deutlich geworden: Mobile Arbeit aus dem Ausland ist zwar nicht einfach geregelt, aber prinzipiell ist sie in den meisten Fällen möglich. Stets ist eine Einzelfallprüfung erforderlich, damit die deutschen, wie auch die ausländischen Gesetze eingehalten werden können. Die zwingend zu beachtenden Regeln sollten in einer schriftlichen Ergänzung zum Arbeitsvertrag benannt werden.

Kein Anspruch auf mobile Arbeit aus dem Ausland

Wichtig ist aber in jedem Fall die Haltung des Arbeitgebers. Wenn dieser zum Beispiel aufgrund der Gefahr der ungewollten Gründung einer Betriebsstätte im Ausland dem Projekt kritisch gegenüber eingestellt ist, wird es sehr schwer. Einen generellen Rechtsanspruch auf mobile Arbeit, geschweige denn auf mobile Arbeit aus dem Ausland, gibt es derzeit in Deutschland noch nicht.

Wenn man kurzfristig oder dauerhaft im Ausland mobil arbeiten möchte, ist es daher stets ratsam, das Thema mit dem Betriebsrat seines Vertrauens zu besprechen. Die Betriebsräte vor Ort vermitteln im Unternehmen und nehmen sich der Sorgen und Anliegen der Arbeitnehmer an.

Impressum:

Christliche Gewerkschaft Metall (CGM), Jahnstr. 12, 70597 Stuttgart, Vertreten durch den Vorstand, Bundesvorsitzender: Reiner Jahns, V.i.S.d.P.: Daniel Horvath, Kontakt: +49 (0)711 2484788-0, info@cgm.de .

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EUGH schützt Ruhezeiten für Arbeitnehmer*innen

Wegweisendes EUGH Urteil zur Gewährung von Ruhezeiten

Ein Lokführer aus Ungarn hat ein für viele Arbeitnehmer*innen wichtiges Urteil zur Gewährung von Ruhezeit beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) erwirkt.

Ein bei einer ungarischen Eisenbahngesellschaft beschäftigter Arbeitnehmer klagte vor dem EuGH gegen die Entscheidung seiner Arbeitgeberin bezüglich der Gewährung von Ruhezeit (EuGH, Urteil vom 02. März 2023, Rs. C-477/21 | MÁV-START). Die Arbeitgeberin weigerte sich dem Arbeitnehmer eine tägliche Ruhezeit von mindestens elf zusammenhängenden Stunden zu gewähren, wenn dieser täglichen Ruhezeit eine wöchentliche Ruhezeit vorausgeht oder ihr nachfolgt.

Die Arbeitgeberin rechtfertigte ihre Entscheidung damit, dass der Arbeitnehmer nicht schlechter gestellt werde. Der auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Tarifvertrag gewährt eine wöchentliche Mindestruhezeit. Diese liegt mit mindestens 42 Stunden deutlich über der von Art. 3 der EU-Arbeitszeitrichtlinie (2003/88/EG) vorgegebenen wöchentlichen Mindestruhezeit von 24 Stunden.

EuGH stärkt Unterscheidung der Ruhezeit

Der EuGH stellte fest, dass die tägliche Ruhezeit und die wöchentliche Ruhezeit zwei völlig unterschiedliche Rechte sind. Der Arbeitgeber muss die beiden unterschiedlichen Ruhezeiten getrennt voneinander gewähren.

Beide Ruhezeiten verfolgen nämlich, so der EUGH, unterschiedliche Zwecke:

  • Die tägliche Ruhezeit ermöglicht es den Arbeitnehmer*innen, sich für eine bestimmte Anzahl von Stunden aus der Arbeitswelt oder der Arbeitsumgebung zurückzuziehen.
  • Die wöchentliche Ruhezeit ermöglicht es den Arbeitnehmer*innen, sich pro laufenden Siebentageszeitraum auszuruhen.

Als Folge dieser Unterscheidung ist Arbeitnehmer*innen die tatsächliche Inanspruchnahme beider Rechte durch die Arbeitgeber zu gewähren.

Soll die tägliche Ruhezeit dagegen Teil der wöchentlichen Ruhezeit sein, so würde dadurch gemäß dem EUGH der Anspruch auf die tägliche Ruhezeit ausgehöhlt. Den Arbeitnehmer*innen würde ihre tägliche Inanspruchnahme dieser Ruhezeit vorenthalten, wenn sie ihr Recht auf die wöchentliche Ruhezeit in Anspruch nehmen.

Selbst ein Tarifvertrag hebt den Unterschied nicht auf

Im Ergebnis hat der EUGH festgestellt, Arbeitnehmer*innen ist innerhalb eines Siebentageszeitraums grundsätzlich eine zusammenhängende Gesamtruhezeit zu gewähren. Sie beträgt 35 Stunden. Diese setzten sich aus 24 Stunden wöchentliche Ruhezeit sowie elf Stunden tägliche Ruhezeit zusammen.

Die wöchentliche Ruhezeit kann wie im zugrunde liegenden Fall aufgrund tarifvertraglicher Regelungen länger als 24 Stunden sein. Jedoch darf trotzdem keine Anrechnung auf die tägliche Ruhezeit erfolgen. Vielmehr verlängert sich der 35-stündige Gesamtruhezeitraum entsprechend.

Rechtslage in Deutschland achtet Unterschied

Die Entscheidung des EuGH entspricht im Kern der in Deutschland bereits geltenden Rechtslage. So wird die Mindestruhezeit von 24 Stunden pro Zeitraum von sieben Tagen Arbeitnehmern*innen regelmäßig mit der nach § 9 Abs. 1 ArbZG vorgeschriebenen Sonntagsruhe von 0 Uhr bis 24 Uhr gewährt. Bei einer ausnahmsweise zulässigen Beschäftigung an Sonntagen muss der Arbeitgeber innerhalb eines Zeitraums von zwei Wochen einen Ersatzruhetag gewähren (§ 11 Abs. 3 ArbZG). Die Sonntagsruhe von 24 Stunden oder der Ersatzruhetag sind nach § 11 Abs. 4 ArbZG unmittelbar in Verbindung mit einer täglichen Ruhezeit von elf zusammenhängenden Stunden zu gewähren.

Die Bedeutung der EuGH-Entscheidung

Werden Arbeitstätigkeiten, etwa am Samstag nach 13 Uhr erbracht, hat dies zur Konsequenz, dass die tägliche Ruhezeit entweder nicht bzw. nicht in vollem Umfang im unmittelbaren Anschluss an die tägliche Arbeitszeit gewährt oder die Sonntagsruhe nicht innerhalb des gesetzlich vorgeschriebenen Zeitraums von 0 Uhr bis 24 Uhr eingehalten werden kann. Nach der Entscheidung des EuGH und nach dem Arbeitszeitgesetz ist dies nicht zulässig!

Der EuGH hat ausdrücklich klargestellt hat, dass die tägliche Ruhezeit sofort im Anschluss an die Arbeitsperiode gewährt werden muss. Eine Verschiebung der Sonntagsruhe ist nach § 9 Abs. 2 und Abs. 3 ArbZG nur in bestimmten Bereichen, wie in Mehrschichtbetrieben oder bei Berufskraftfahrern, und dort nur um bis zu zwei Stunden zulässig.

Die nicht wirksame Gewährung der Ruhezeit stellt eine bußgeldbewährte Ordnungswidrigkeit dar. Im Falle von Vorsatz oder beharrlicher Nichtgewährung kann sogar der Tatbestand einer Straftat erfüllt sein.

Unterschiedlicher Erholungszweck von Ruhezeit

Besondere Bedeutung dürfte die EuGH-Entscheidung zudem für die Gewährung der täglichen Ruhezeit in Gestalt von Freizeitausgleich für geleistete Überstunden oder in Gestalt von Urlaub haben. Der EuGH hat hier klar auf den Erholungszweck abgestellt. Er hat festgestellt, die wöchentliche Ruhezeit dient einem anderen Erholungszweck als die tägliche Ruhezeit.

Dies gilt gleichermaßen für den Erholungszweck von Freizeitausgleich und Urlaub. Der Freizeitausgleich verfolgt nämlich den Zweck der Erholung von geleisteten Überstunden. Der Urlaub hingegen dient der Erholung von der über das Jahr erbrachten Arbeitsleistung. Weder Freizeitausgleich noch Urlaub verfolgen somit den Erholungszweck, den der EuGH der täglichen und wöchentlichen Ruhezeit beimisst.

Das bedeutet, die bisherige Praxis der Gewährung von täglicher Ruhezeit in Gestalt von Freizeitausgleich für geleistete Überstunden oder von Urlaub steht im Widerspruch zur EU-Arbeitszeitrichtlinie. Es ist daher zu erwarten, dass auch das BAG seine bisherige Rechtsprechung – nach der dies noch möglich ist – ändern wird.

Fazit

Das Urteil des EUGH hat Bedeutung für viele Beschäftigte in Deutschland. Das gilt, wie im zugrunde liegenden Fall, für die Lokführer, aber auch für die Berufskraftfahrer sowie für alle, die etwa in Krankenhäusern oder sonstigen sozialen Einrichtungen ihre so wertvolle Arbeit verrichten.

Quelle: Europäischer Gerichtshof EuGH Urteil vom 2. März 2023 C 477/21
V.i.S.d.P.: Ralf Vüllings (GTL), Anne Kiesow (CGB)

 

IMPRESSUM:

Christlicher Gewerkschaftsbund Deutschlands (CGB)

Obentrautstraße 57
10963 Berlin

Tel.: (030) 21 02 17-30
Fax: (030) 21 02 17-40
E-Mail: CGB.Bund@cgb.info

Inhaltlich Verantwortlich:
Christian Hertzog, Generalsekretär; Anne Kiesow, Bundesgeschäftsführerin

Used medical face mask thrown out on the street waste littered in the city discarded after one use. Dirty PPE not reusable.

Corona-Arbeitsschutz

Arbeitsschutzverordnung vorzeitig aufgehoben

Die Corona-Pandemie nimmt immer weiter ab. Das Bundeskabinett hat daher den Arbeitsschutz im Hinblick auf Corona neu geregelt, mit weitreichenden Folgen für viele Beschäftigte.

Das Bundeskabinett hat in seiner Sitzung vom 25. Januar 2023 beschlossen, dass die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung vorzeitig aufgehoben werden soll. Anders als geplant, wird die Verordnung schon zum 2. Februar 2023 aufgehoben.

»Angesichts der Tatsache, dass durch die zunehmende Immunität in der Bevölkerung die Anzahl der Neuerkrankungen stark fällt, sind bundesweit einheitliche Vorgaben zum betrieblichen Infektionsschutz nicht mehr nötig.«

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil

Eine Ausnahme

Nur Einrichtungen im Bereich von medizinischer Versorgung sowie der Pflege sind noch weiterhin dazu verpflichtet die coronaspezifischen Regelungen des Infektionsschutzgesetzes zu beachten.

In Zukunft Eigenregie

In allen anderen Branchen gelten für Betriebe keine festen, bundesweiten Vorschriften. Falls nötig können hier Beschäftigte und Arbeitgeber eigenverantwortlich festlegen, welche Maßnahmen am Arbeitsplatz wegen Corona erforderlich sind.

 

Quelle: BMAS, Pressemitteilung vom 25. Januar 2023.

IMPRESSUM: Christliche Gewerkschaft Metall (CGM), Jahnstr. 12, 70597 Stuttgart, Vertreten durch den Vorstand, Bundesvorsitzender: Reiner Jahns, V.i.S.d.P.: Daniel Horvath, Kontakt: +49 (0)711 2484788-0, info@cgm.de

Businessman hand signing contract, close-up.

Schriftform bei Arbeitsverträgen

Wichtige Zeilen

Ein Arbeitsvertrag muss nicht immer schriftlich festgehalten werden. Arbeitnehmer haben aber zur Absicherung einige Rechte. So garantiert in Deutschland zum Beispiel das Nachweisgesetz beim Abschluss eines Arbeitsverhältnisses über die wichtigsten Arbeitsbedingungen einen schriftlichen Nachweis. Seit 2022 gelten hier umfassende, durch eine EU-Richtlinie bedingte und für die Praxis relevante Änderungen.

Der Frage der Schriftform kommt bei einem Arbeitsvertrag eine sehr wichtige Rolle zu. Wie wichtig, sieht man an der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg aus dem Frühjahr 2022 (Az. 23 Sa 1133/21). Das Gericht entschied, dass für die wirksame Befristung eines Arbeitsvertrags eine eingescannte Unterschrift nicht ausreicht. Die in dem vorliegenden Fall eingescannte Unterschrift genügte den Anforderungen an die Schriftformforderung bei befristeten Arbeitsverhältnissen nicht. Denn diese erfordert gemäß § 126 und § 126a des Bürgerlichen Gesetzbuchs entweder eine qualifizierte elektronische Signatur oder am besten eine eigenhändige Unterschrift. Diese beiden Kriterien erfüllt jedoch eine mechanisch – oder eben hier digital – vervielfältigte Unterschrift nicht.

Im Oktober 2021 entschied das Landesarbeitsgericht München (Az. 3 Sa 362/21), dass eine per WhatsApp übermittelte Kündigung nichtig ist. In dem damaligen Fall hatte der Arbeitgeber die Kündigung in Ermangelung einer postalischen Anschrift abfotografiert und dem Arbeitnehmer per WhatsApp übermittelt. Das Gericht entschied, dass diese, über den Messangerdienst digital zugestellte, außerordentliche Kündigung jedoch nicht die gesetzlichen Anforderungen der Schriftform erfüllte.

Ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein von 2018 (Az. 1 Sa 23/18) zeigt daneben aber auch, der Abschluss eines Arbeitsvertrags erfordert nicht zwingend die Schriftform. Auch durch tatsächliches Handeln kann ein Arbeitsvertrag zustande kommen. Sogar, wenn wie in dem damaligen Fall ein Tarifvertrag ausdrücklich die Schriftform vorgeschrieben hat.

Bei Betrachtung dieser drei sehr unterschiedlichen Urteile kommen schnell solche Fragen auf, wie: Was gilt grundsätzlich bezüglich der Schriftformerfordernis bei Arbeitsverträgen? Was muss dabei beachtet werden und welche Folgen können Verstöße haben?

Grundsätzlich gilt Formfreiheit

Gerade an dem Fall des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein sieht man, grundsätzlich gilt in Deutschland beim Abschluss eines Arbeitsvertrags die Formfreiheit. Ein Arbeitsvertrag muss nicht zwingend in Schriftform geschlossen werden. Er kann schriftlich oder mündlich, sowohl explizit oder wie in dem Fall des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein durch tatsächliches Handeln, implizit geschlossen werden.

Lediglich bei befristeten Arbeitsverhältnissen schreibt das Teilzeit- und Befristungsgesetz (§ 14 Abs. 4 TzBfG) vor, dass eine Befristung zu ihrer Wirksamkeit beim Arbeitsvertrag der Schriftform bedarf. Wie eng hierbei in Deutschland die Grenzen sind, zeigt der eingangs genannte Fall vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg. Außerdem können auch Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen die Schriftform fordern.

»Generell ist es ratsam bei der Vereinbarung des Arbeitsverhältnisses die Schriftform zu wählen.«

Generell ist es ratsam bei der Vereinbarung des Arbeitsverhältnisses die Schriftform zu wählen. Schon bislang mussten Arbeitgeber nach Beginn des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats aufgrund des Nachweisgesetztes (NachwG) die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich festhalten. Diese Niederschrift war dem Arbeitnehmer unterschrieben auszuhändigen. Mit Wirkung zum 01. August 2022 hat Deutschland die am 20. Juni 2019 beschlossene EU-Richtline über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union durch eine Änderung des NachwG umgesetzt. Dass es gerade im Hinblick auf einen möglichen späteren Streitfall sowohl für Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber ratsam ist die Schriftform zu wählen, dürfte klar sein. Schafft diese doch am deutlichsten Klarheit über die getroffenen Vereinbarungen.

Änderungen im Nachweisgesetz

Schon bisher hatte § 2 NachwG für einige wesentliche Arbeitsbedingungen die Schriftform vorgeschrieben. Seit dem 01. August 2022 sind nun neu hinzugekommen:

  • falls eine Probezeit vereinbart wurde, deren Dauer
  • in welcher Form die Auszahlung des Entgelts erfolgt
  • die Möglichkeit einer Anordnung und die Voraussetzungen für Überstunden
  • eine etwaige Vergütung und Auszahlung von Überstunden
  • bei einer Befristung das Enddatum des Arbeitsverhältnisses
  • insofern vereinbart die Möglichkeit der freien Wahl des Arbeitsortes
  • Ruhepausen sowie Ruhezeiten
  • falls vereinbart Details zur Arbeit auf Abruf
  • die vereinbarten Details zur Schichtarbeit wie Schichtsystem, Schichtrhythmus und die Bedingungen zur Änderung der Schicht
  • wenn der Versorgungsträger im Fall einer betrieblichen Altersversorgung durch den Arbeitgeber nicht zur Mitteilung verpflichtet ist, Name und Anschrift des Versorgungsträgers
  • falls vorhanden, ein möglicher Anspruch auf Fortbildung durch den Arbeitgeber
  • das Verfahren, welches bei einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses von beiden Seiten einzuhalten ist

Der letzte Punkt ist besonders wichtig. Hier muss mindestens das Erfordernis der Schriftform und die Kündigungsfrist für das jeweilige Arbeitsverhältnis sowie die Erhebungsfrist für eine Kündigungsschutzklage aufgeführt sein. Jedoch gilt, unabhängig der hier in § 2 Abs. 1 Nr. 14 NachwG aufgeführte Anforderung bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis § 7 des Kündigungsschutzgesetzes. Dieser regelt, dass eine Kündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen nach der Kündigung eingereicht werden muss. Diese Frist läuft ab Zustellung der Kündigung, auch wenn der Arbeitgeber seinen Hinweispflichten nicht nachgekommen ist.

Nachweisanspruch von Arbeitnehmern

Die Veränderungen im NachwG gelten nicht nur für neue Arbeitsverhältnisse. Arbeitnehmer haben auch bei schon bestehenden Arbeitsverhältnissen das Recht über die dank der EU-Richtlinie neu im NachwG hinzugekommenen Arbeitsbedingungen einen schriftlichen Nachweis verlangen zu können. Dieser Nachweis stellt jedoch keine Verpflichtung dar einen Neuvertrag zu unterzeichnen. Er kann vielmehr auch in einer anderen schriftlichen Form erfolgen. So können Arbeitgeber zum Beispiel in einem separaten Infoblatt über die geforderten Angaben informieren und sich dies bestätigen lassen.

»Arbeitnehmer haben auch bei schon bestehenden Arbeitsverhältnissen das Recht über die dank der EU-Richtlinie neu im NachwG hinzugekommenen Arbeitsbedingungen einen schriftlichen Nachweis verlangen zu können.«

 

Arbeitsverhältnissen schriftlich beenden

Ganz unabhängig von den oben beschriebenen Nachweispflichten ist bei Kündigungen grundsätzlich die Schriftform zu beachten. So zeigt der zu Beginn erwähnte Fall am Landesarbeitsgericht München, dass bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses zwingend die Schriftform gewahrt werden muss. Hier hat auch die erwähnte Richtlinie aus Brüssel nichts geändert. Sowohl eine Kündigungserklärung als auch ein Aufhebungsvertrag, sowie im Fall von befristeten Arbeitsverträgen, die Abrede der automatischen Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses, haben schriftlich zu erfolgen.

Konsequenzen bei Verstoß

Zum Schutze des Arbeitnehmers begründet die tatsächliche Arbeitsaufnahme nahezu ausnahmslos ein Arbeitsverhältnis. Wenn Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen – wie bei dem eingangs erwähnten Fall vor dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein – vorschreiben, dass Arbeitsverträge schriftlich abzufassen sind, wollen sie das Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses nicht verhindern. Vielmehr soll für den Arbeitnehmer die Rechtssicherheit verbessert werden. Und auch im Fall eines Verstoßes gegen die durch § 14 Abs. 4 TzBfG vorgeschriebene Schriftform ist lediglich die Befristung nicht aber der gesamte Arbeitsvertrag nichtig.

So auch bei Verstößen gegen das NachwG. Auch hier ist der Arbeitsvertrag trotzdem gültig. Jedoch kennt das Gesetz nun Sanktionierungsmaßnahmen bei Pflichtverletzungen. Jetzt droht seit 1. August 2022 bei einem Verstoß nach § 4 NachwG ein Bußgeld. Dieses kann bis zu 2000 Euro betragen. Da das Gesetz aber nur für den Arbeitgeber Pflichten kennt, kann auch nur dieser von einem möglichen Bußgeld betroffen sein.

Praktischer Hinweis

Wer nur aufgrund mündlicher Vereinbarung arbeitet, sollte jedoch nicht auf die Abfassung eines schriftlichen Arbeitsvertrages klagen. Zum einen enthält ein schriftlicher Arbeitsvertrag dann meist viele neue Regelungen, über die man sich bisher nicht geeinigt hatte. Zum anderen sollte man lieber direkt auf Lohn klagen, weil sich ohne schriftlichen Arbeitsvertrag im Prozess die Beweislast umdreht.

»…lieber direkt auf Lohn klagen, weil sich ohne schriftlichen Arbeitsvertrag im Prozess die Beweislast umdreht.«

Zur Vorbereitung einer solchen Lohnforderung macht es eher Sinn, ein Zwischenzeugnis zu verlangen, in dem die aktuelle Tätigkeit sehr genau beschrieben wird. Dies gilt gerade dann, wenn sich der Lohnanspruch aus einem Tarifvertrag ableiten lässt. Denn im ausführlichen Zwischenzeugnis stehen viel mehr Tatsachen als in einem Arbeitsvertrag, die für die Einordnung in die richtige Entgeltgruppe entscheidend sind.

Generell gilt, falls Du Fragen oder Probleme mit Deinem Arbeitsvertrag hast und Unterstützung brauchst, wende Dich vertrauensvoll an Deinen Betriebsrat.

IMPRESSUM: Christliche Gewerkschaft Metall (CGM), Jahnstr. 12, 70597 Stuttgart, Vertreten durch den Vorstand, Bundesvorsitzender: Reiner Jahns, V.i.S.d.P.: Daniel Horvath, Kontakt: +49 (0)711 2484788-0, info@cgm.de

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Elektronische AU

Selbstständig ist der Chef!

Zu Beginn des Jahres 2023 ändert sich mit der für Arbeitgeber verpflichtenden Einführung eines neuen Meldeverfahrens zur elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) auch für Arbeitnehmer der Meldeweg einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Die bisherige gelbe Bescheinigung in Papierform hat ausgedient.
Ab dem 1. Januar 2023 bricht für gesetzlich Krankenversicherte gefühlt eine neue Zeitrechnung an. Die alte, gelbe Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird für sie im Arbeitsleben wegfallen. Denn mit Beginn des neuen Jahres wird das Meldeverfahren zur elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) für Arbeitgeber verpflichtend.

Doch was bedeutet das für dich als Arbeitnehmer?

Rechtlich ändert sich zunächst wenig.
Der Arbeitnehmer ist weiterhin nach §5 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit unverzüglich mitzuteilen. Auch ist er weiterhin verpflichtet, spätestens ab dem vierten Tag seinem Arbeitgeber eine Bescheinigung über seine Arbeitsunfähigkeit vorzulegen. Auch sind Arbeitgeber weiterhin nach §5 EntgFG schon ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit berechtigt, eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit einzufordern.
»In Zukunft müssen sich bei gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmern die Arbeitgeber selbst um den Erhalt der beim Arztbesuch ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kümmern.«
In der Praxis bedeutet das, du musst im Fall einer Arbeitsunfähigkeit wie gewohnt deinem Arbeitgeber unverzüglich deine Arbeitsunfähigkeit melden und diese dann spätestens am dritten Tag durch einen Arztbesuch feststellen lassen. Neu ist nun aber, dass es hier nach dem Arztbesuch für dich aufhört. In Zukunft müssen sich bei gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmern die Arbeitgeber selbst um den Erhalt der beim Arztbesuch ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kümmern. Dies gilt auch bei der derzeitig noch möglichen Krankschreibung per Telefon.
Ein Vorteil nur für gesetzlich Versicherte.
Achtung dieser Vorteil gilt jedoch nur für bei einer gesetzlichen Krankenkasse versicherten Arbeitnehmer! Privatversicherte Arbeitnehmer erhalten weiterhin zum Nachweis ihre Arbeitsunfähigkeit eine Papier Bescheinigung. Diese müssen sie auch weiterhin selbstständig bei ihrem Arbeitgeber abgeben.
Bei gesetzlich versicherten Arbeitnehmern hingegen greift die neue Regelung sogar schon, wenn sie auch nur in einem Minijob beschäftigt sind. Hierzu müssen in Zukunft Arbeitgeber in ihren Personalunterlagen auch bei Minijobbern die Krankenkassenversicherung erfassen.


Was tun, wenn die eAU nicht ankommt?


Wenn es Probleme gibt und dein Chef die Info bekommt, dass keine eAU vorliegt, du aber ihm die Arbeitsunfähigkeit gemeldet hast und schon beim Arzt gewesen bist, kannst du ruhig bleiben. Grundsätzlich ist das nun erstmal das Problem deines Chefs. Wenn du ihm die Arbeitsunfähigkeit gemeldet hast und beim Arzt gewesen bist, hat sich dein Arbeitgeber um den Erhalt des Nachweises der Arbeitsunfähigkeit zu kümmern.
»Entscheidend ist für dich als Arbeitnehmer nur der Tag des Arztbesuchs und die Erstellung der eAU, nicht mehr wann dein Arbeitgeber den Nachweis abruft und erhält.«

Du kannst aber auch mal nachfragen, ob dein Chef die Abruffristen richtig beachtet hat. Vielleicht war dein Chef zu früh dran. So empfiehlt zum Beispiel der GKV-Spitzenverband Arbeitgebern frühestens den Abruf einen Tag nachdem der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit gemeldet hat.
Zur Sicherheit erhalten Arbeitnehmer übrigens weiterhin noch eine ärztliche Bescheinigung in Papierform, welche Ihnen die Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Diese Bescheinigung aus Papier hat jedoch gesetzlich nur noch die Rolle eines Beweismittels und ist nicht mehr selbst der Nachweis. Aber gut aufbewahren, denn so ein Beweismittel kann in einem Fall, wie oben sicherlich ganz hilfreich sein.
Für den Arbeitgeber gibt es keine Sammelbestellungen
Übrigens, ein regelmäßiger oder gar pauschaler Abruf der eAU-Daten von Arbeitnehmern durch den Arbeitgeber ist verboten. Der Arbeitgeber kann nur individuell für den jeweils einzelnen Arbeitnehmer die Bescheinigung – sowohl die erste als auch weitere Folgebescheinigungen – anfordern.
Generell gilt, falls du Fragen oder Probleme im Krankheitsfall hast und Unterstützung brauchst, wende dich vertrauensvoll an deinen Betriebsrat.

IMPRESSUM: Christliche Gewerkschaft Metall (CGM), Jahnstr. 12, 70597 Stuttgart, Vertreten durch den Vorstand, Bundesvorsitzender: Reiner Jahns, V.i.S.d.P.: Daniel Horvath, Kontakt: +49 (0)711 2484788-0, info@cgm.de